Müll in den Weltmeeren
Schätzungsweise enden jährlich etwa acht Millionen Tonnen Abfälle in unseren Meeren. Mehr als zwei Drittel dieses Mülls besteht aus nicht abbaubaren Kunststoffen. Und genau dieser Plastikmüll ist eine Bedrohung für das Ökosystem Meer geworden. Selbst fernab jeglicher Zivilisation, an den entlegensten Stränden unseres Planeten, sammeln sich an bestimmten Stellen Unmengen von Plastikmüll an. Von einem Pol zum anderen, an Land, in den Flüssen und Meeren, in der Wassersäule und auf dem Meeresboden - überall sind die Kunststoffüberreste unserer Zivilisation zu finden. Häufig setzt sich dieser Müll vor allem aus Fischereiausrüstung, Plastiktüten und Verpackungsmaterialien zusammen. Der für uns sichtbare Müll, der an der Meeresoberfläche treibt, ist nur ein kleiner Teil - 70 % des Plastikmülls sinkt auf den Meeresgrund. Auch die deutschen Meere und Küsten sind davon betroffen. Allein in der Nordsee werden 600.000 m³ Müll vermutet. Hauptquellen des Mülls sind Städte, Industrien, Häfen und Tourismus.
Folgen der Verschmutzung
Geisternetze. Viele Tierarten verenden in den herrenlosen Netzen. |
Besonders dramatisch sind die ökologischen Folgen. Meerestiere und mit dem Meer assoziierte Tiere verwechseln den Plastikmüll mit Nahrung und nehmen ihn zu sich. Sehr viele Tiere verfangen sich in den Überresten herrenloser Fischernetze, sogenannte Geisternetze und verenden darin. Ein zusätzliches Problem: Bestimmte Tier- und Algenarten besiedeln den Müll im Meer, werden als "blinde Passagiere" in andere Ozeanzonen getrieben und bedrohen dort die einheimische Flora und Fauna.
Ästhetische Aspekte kommen hinzu: Die Strände an den Küsten werden von Müll verunreinigt. Technische Anlagen wie Siele und Wehre sind ebenfalls davon betroffen. Aber auch die Schifffahrt. Plastikmüll bleibt beispielsweise an Schiffsschrauben hängen und blockiert sie.
Schlussendlich wird das Plastik im Meer durch Sonnenlicht und mechanische Einwirkungen der natürlichen Wellenbewegungen im Laufe der Zeit immer poröser und zerfällt in kleinste Teile (Mikroplastik, < 5 mm). Diese mikroskopisch kleinen Kunststoffpartikel können nicht - wie organische Stoffe - von Mikroorganismen abgebaut werden. Dieses Mikroplastik gelangt über die Nahrungskette in unsere Speisen.
Sobald die großen Plastikteile (Makroplastik, > 5 mm) zu kleinem Mikroplastik zerfallen sind, gibt es keine Möglichkeit mehr, diese schädlichen Plastikfragmente aus dem Meer zu fischen. Auch erste Lösungsansätze, wie Vorhaben die großen Plastikteile aus den Meeren abzufischen, werfen noch viele Fragen auf. In Studien muss getestet werden, ob dabei nicht noch mehr Schäden entstehen. Bei dieser Methode besteht die Gefahr, dass mit dem Plastik viele Meeresorganismen abgefischt werden. Das marine Ökosystem könnte dadurch nachhaltig aus dem Gleichgewicht gebracht werden.
Vorrangig muss dafür gesorgt werden, dass das Plastik den Weg in unsere Ozeane erst gar nicht findet.
Ziel des Projekts
Mögliche Verursacher des Plastikmülls entlang der Küsten und Inseln der südlichen Nordsee sollen klarer identifiziert werden können. Auf der Basis aktueller und zukünftiger Verteilungsmuster werden Lösungs- und Vermeidungsstrategien erarbeitet. In einem Partizipationsprozess werden verschiedene Akteure, die sich mit der Plastikmüllthematik unmittelbar befassen oder eine mögliche Ursache darstellen, einbezogen, um gemeinsam Handlungsstrategien zu definieren und Langfristziele zu formulieren.
Aktiv werden
Um die Verteilungsmuster des Plastikmülls nachzuzeichnen und die Wege zu identifizieren, auf denen der Müll in die Nordsee gelangt, benötigen wir Ihre Mithilfe. Wie das geht und was Sie tun können?
Ein Bestandteil des Projekts ist das Aussetzen sogenannter "Drifter". Sie bestehen aus einem kleinen Stück Holz, das für das Experiment mit einem Aufdruck mit Hinweisen zum Projekt versehen wird. Entlang der Nordseeküste und den Flussufern der Elbe, Weser und Ems werden wir die Drifter an bestimmten Stellen aussetzen. Jeder, der einen solchen Drifter am Strand entdeckt, kann seinen Fund direkt bei uns melden. Mit den Driftern simulieren wir die "Reiseroute" von Plastikmüll im Meer. Dadurch ist es uns möglich den Weg der Drifter zu verfolgen und daraus Schlüssen zu ziehen, welche Reise aufgefundener Plastikmüll in der Nordsee zurückgelegt hat.
Weiterführende wissenschaftliche Literatur:
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Barnes, D. K. A. (2002): Biodiversity Invasions by marine life on plastic debris. In Nature 416 (6883), pp. 808–809.
Bergmann, M.; Gutow, L. and Klages, M. (Eds.) (2015): Marine anthropogenic litter. Cham Heidelberg New York Dordrecht London: Springer
Browne, M. A.; Chapman, M. G.; Thompson, R. C.; Amaral Zettler, L. A.; Jambeck, J. et al. (2015): Spatial and Temporal Patterns of Stranded Intertidal Marine Debris: Is There a Picture of Global Change? In Environ. Sci. Technol. 49 (12), pp. 7082–7094.
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